„Immer in Kampfbereitschaft“Putin droht mit Atomstreitkräften – und setzt auf „Gehirnwäsche“

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Wladimir Putin bei der Parade zum Gedenken an den Sieg gegen Nazi-Deutschland.

Wladimir Putin bei der Parade zum Gedenken an den Sieg gegen Nazi-Deutschland.

Am 9. Mai erinnert Russland mit einer Militärparade an den Sieg über Hitler-Deutschland. Putin nutzt das Gedenken für seine Zwecke.

Überschattet vom Angriffskrieg gegen die Ukraine hat in Russlands Hauptstadt Moskau die traditionelle Militärparade zum Gedenken an den sowjetischen Sieg im Zweiten Weltkrieg stattgefunden. Kremlchef Wladimir Putin nutzte seine Rede anlässlich der Parade, um erneut mit seinen Nuklearstreitkräften zu drohen. „Unsere strategischen Kräfte sind immer in Kampfbereitschaft“, erklärte der Kremlchef, der zu Wochenbeginn Atomwaffenübungen seiner Armee angeordnet hatte.

Dieser Schritt sei eine Reaktion auf „Provokationen“ aus dem Westen, hatte der Kreml die Maßnahme am Montag begründet. Putin unterstrich die jüngste russische Drohgebärde mit seiner Rede nun noch einmal. „Wir werden nicht zulassen, dass uns jemand bedroht“, erklärte der Kremlchef.

Wladimir Putin nutzt Weltkriegsgedenken für erneute Atomdrohung

Bei kaltem Wetter um die null Grad und leichtem Schneefall erinnerte Putin am Donnerstagvormittag auf dem Roten Platz dem Anlass gemäß auch zur Erinnerung an den Sieg der Sowjetunion über Hitler-Deutschland vor 79 Jahren. Das Weltkriegsgedenken dient dem Kreml seit Kriegsbeginn jedoch auch immer als Anlass, um den Krieg gegen die Ukraine als angebliche Fortsetzung des Kampfes gegen den Faschismus darzustellen.

Ein Plakat der russischen Militärparade zeigt die Zahlen 1945 und 2024 im Gedenken an den Sieg gegen die Nazis.

Die Militärparade in Russland gedenkt dem Sieg über Nazi-Deutschland 1945 vor 79 Jahren.

„Wir feiern den Tag des Sieges im Rahmen einer besonderen Militäroperation. Alle seine Teilnehmer – diejenigen, die an vorderster Front stehen, an der Kontaktlinie zum Kampf – sind unsere Helden“, erklärte Putin und warf dem Westen vor, „die Wahrheit über den Zweiten Weltkrieg zu verfälschen“. Die westliche Politik stütze sich auf „Heuchelei“ und „Lügen“, behauptete Putin weiter.

„Revanchismus, Verspottung der Geschichte und der Wunsch, die gegenwärtigen Anhänger der Nazis zu rechtfertigen, sind Teil der Politik westlicher Eliten“, hieß es weiter vom russischen Präsidenten, der damit erneut das russische Propaganda-Märchen von „Nazi-Regimen“ in der Ukraine und im Baltikum verbreitete. Putin beendete seine Rede schließlich mit martialischen Worten: „Ehre sei den tapferen Streitkräften! Für Russland! Für den Sieg! Hurra!“

Putin präsentiert sich als Kriegsherr: „Für Russland! Für den Sieg! Hurra!“

Putin nutze seine Rede, um Vorwürfe gegenüber dem Westen zu erheben, die auf ihn selbst zuträfen, ordnete der Russland-Experte und Historiker Matthäus Wehowski im sozialen Netzwerk X die Worte des Kremlchefs ein. „Er selbst ist es, der in seiner Rede die Vergangenheit instrumentalisiert“, schrieb Wehowski. Putin stelle seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine in „unmittelbare Kontinuität“ zum Zweiten Weltkrieg. „Die Veteranen des Krieges gegen die Ukraine nehmen einen immer größeren Platz ein“, so Wehowski.

Zudem werfe Putin dem Westen vor „Konflikte und Kriege zu verursachen“ und behaupte Russland stünde wie zu Beginn des zweiten Weltkrieges alleine da, „da ganz Europa 1941 ‚für Hitler gearbeitet‘ habe“, führte der Historiker aus. Das sei „natürlich Lüge und Manipulation“, bei der das Bündnis zwischen Hitler und Stalin vollständig verschwiegen werde, fügte Wehowski an. „Wer die Invasion in der Ukraine verstehen will, muss sich mit Putins ‚Geschichtsbild‘ auseinandersetzen, fügte der Historiker an.

Militärparade auf Rotem Platz: „Putin missbraucht die Opfer des Zweiten Weltkriegs“

Ähnlich sehen es auch andere Experten. Putin habe das Andenken an den „Großen Vaterländischen Krieg“ zu einer „bizarren Ideologie“ umgewandelt, um den Krieg gegen die Ukraine zu rechtfertigen, erklärte der Sicherheitsexperte Nico Lange bereits am Mittwoch dem ZDF. „Putin missbraucht die Opfer des Zweiten Weltkriegs“. Insbesondere am 9. Mai müsse man das herausstellen, fügte Lange an. Putin nutze „Krieg und Hass als Instrument, um das russische Volk einer Gehirnwäsche zu unterziehen“, erklärte unterdessen der russische Schriftsteller Mikhail Zygar der „Washington Post“ und sprach von klaren Anzeichen für ein faschistisches System in Russland.

Bei der Militärparade im Zentrum Moskaus sollten 9000 Soldaten aufmarschieren, darunter auch solche, die in den vergangenen Monaten in der Ukraine gekämpft haben. Außerdem sollten gepanzerte Fahrzeuge und andere Militärtechnik gezeigt werden.

Die Parade wurde abgenommen von Verteidigungsminister Sergej Schoigu. Die traditionellen Paraden gab es auch an einigen anderen Orten, doch in vielen Städten wurden sie in diesem Jahr aus Sicherheitsgründen abgesagt – unter anderem in den an die Ukraine grenzenden Gebieten Brjansk und Kursk. (mit dpa)

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